Adios Lastres!


Ich habe mir die letzte Wanderung für heute morgen aufgehoben. Den Weg den Berg hinauf, nach ganz oben, um Lastres aus der Höhe zu verabschieden. Ein Ort, der sich an die vorderste Flanke einer Landzunge klammert, um dem Kantabrischen Meer, von dem seine Bewohner seit jeher leben, so nahe wie möglich zu sein. Abends versammeln sich die Touristen in den Restaurants, um die Ernte des Meers zu verzehren, die die Fischer des Orts tagsüber gefangen haben.

Es gibt eine Festung, vielleicht nur ein Fort, einfach El Castillo. Einen Eigennamen scheint sie nicht zu haben. Über dem Hafen von Lastres, in den seit Tagen große Betonwürfel abgeladen werden. Zur Verstärkung der Wellenbrecher. Ob Ibarrola auch nach Lastres kommt? El Castillo habe ich auf der Karte gesehen, als ich den Weg hinauf zur Ermita de San Roque suchte, um auf den Ort hinabzuschauen.

Es gibt einen Weg von der Kirche Santa María de Sabada. Nicht sehr weit. Etwas über einen Kilometer, auf einem schönen Weg hinaus auf die Landzunge über den Ort Lastres. Tief unter mir der Atlantik, dessen Sound meine Schritte begleitet. Endlose Weite. In der Ferne bleibt der Horizont auch heute in einer Nebelwand verborgen. El Castillo. Auch El Castillu oder Punta Misiera genannt. Verwöhnt von den maurischen Burgen in al-Andalus habe ich mit einer Festungsanlage gerechnet. Der Beiname Misiera hätte mich aufmerksam machen können.

Kaum etwas ist von dem kleinen Fort oder einer Festung geblieben, dass Ruine genannt werden kann. Ein paar bearbeitete, nun zerbröselnde Steine, nur noch lose aufeinander geschichtet. Von Pflanzen überwuchert. Ein trauriger Rest. Die Steine, aus denen das Fort bestand, wurden nach und nach zum Bau oder zur Reparatur der Straßen und Treppen in Lastres verwendet.

El Castillo muss einst eine größere Anlage gewesen sein als der kümmerliche Haufen Steine vermuten lässt. Das Fort wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts von Alonso Victorero Colunga erbaut, einem Mitglied der wohlhabenden Familie Robledo Colunga. In strategischer Position. Unmittelbar auf der Krone der Landzunge diente es wahrscheinlich der Verteidigung des Hafens und der Küste. Es hatte ursprünglich sechs Kanonen zur Küstenverteidigung gegen Angriffe, insbesondere aus England. Meerwärts gerichtet. Keine Fregatte, kein Schmuggler oder Pirat, und erst recht keine Armada, konnten sich unbemerkt nähern. Überall am Wegesrand verschwinden die letzten Reste der Mauern und Fundamente unter dichtem Bewuchs. Ich stelle mir vor, hier war es einst umtriebig. Menschen lebten hier, und gingen ihren alltäglichen Angelegenheiten nach. Nichts von all dem ist geblieben. Nur ein paar Steine. Archäologische Grabungen hat es wohl nie gegeben. In ein paar Jahren wird nichts mehr zu sehen sein. Vergessen wie so vieles andere. Die Natur holt sich ihr Terrain immer zurück.

Ein verspätetes Frühstück in der kleinen Ranch an der Hauptstraße. Immer ist viel los. Den ganzen Tag. Gleichgültig wann ich komme. Es gibt keine andere Möglichkeit in Lastres. Warten auf den Bus. Heute Nachmittag bin ich in Villaviciosa.

Copyright 2025. Texts and Fotos. All Rights Reserved

Adios Lastres ist geistiges Eigentum des Autors und urheberrechtlich geschützt. Die Seiten und deren Inhalte dürfen nur zum privaten Gebrauch verwendet werden.
Jegliche unautorisierte und gewerbliche Nutzung ist untersagt.


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Der Kopf des Helden

Auftakt Flixbus

Villaviciosa City Walk